.ro-Mania: Tag 3 - Der bessere Westen
Viel zu früh am Morgen (und dennoch mit erfoglreichem Verschlafen) schafften wir es auf den überletzten Drücker zum Bahnhof Arad. Nur einer Verkettung glücklichster Zustände (Tramführer die uns noch die Türe aufhielten, eilige Taxifahrer sowie über's Gleis rennende Leute, die dabei zufällig unseren Zug noch zurückhielten) war es zu verdanken, dass wir unseren Desiro (wozu fahre ich eigentlich tagelang dort hinunter?) nach Timişoara noch erreichten.
Vorbei an blühenden Frühlingswiesen (in heimischen Breitengraden Anfang April doch noch eher selten anzutreffen) erreichten wir nach einer guten Stunde diese schmucke und erstaunlich westlich-saubere Stadt. Leider war Timişoara nur Zwischenstation auf dem Weg ins transylvanische Sibiu/Hermannstadt. So beschränkten sich unsere Aktivitäten heute auf ein wenig Bremer Wegmann- und Münchner P-Wagen (*LOVE* *seufz*) fotografieren und einem Besuch in einem der größten Einkaufscenter Rumäniens, der brandneu eröffneten Iulius Mall. Die ursprünglich noch anvisierte Komplettfahrt mit zumindest einer Tramlinie wurde durch das Vorhandensein einer zuvor nirgends erwähnten Baustelle jäh zunichte gemacht. Mist!
Nicht zuletzt des aufgeräumten Eindrucks wegen, wie auch der vielen alten deutschen Trams und westlichen Einkaufszentren fühlen wir uns immer noch nicht wirklich weit weg und fragen uns weiterhin, woher die ganzen Schauermärchen über Rumänien herkommen, die einem Zuhause immer aufgetischt werden. Aufgrund der tollen Straßenbahnen und äußerst abwechslungsreichen Einkaufs- und Verpflegungsmöglichkeiten kommen wir gar zum Schluss, dass Rumänien letztlich "der bessere Westen" sein muss.^^
Dieser Bahnhof kommt uns furchtbar bekannt vor...
Wiesen auf dem Weg nach Timișoara.
Desiro. Auch bei der CFR schon angekommen.
Vom Nordwesten Deutschlands in den Nordwesten Rumäniens. Passt. Ein Wegmann.
Und noch ein Freund aus Bremen in der gestriegelten Innenstadt Timișoaras!
Eine von 2 Übersichtstafeln der Iulius-Mall. Ein Tabasco-Shop wär mir lieber. Dafür ist Robin hier. (Muss jetzt keiner verstehen. Beides nicht.)
Bitte einmal unter korrekter Berücksichtigung der rumänischen Ausspracheregelungen laut aufsagen.
Auch der Osten hat seine tiefen Schattenseiten...
...die manchmal auch Rosa sind.
DX-Affinitäten müssen gelebt werden! :-)
Am Nordbahnhof angekommen wird noch einiges Material aus Bremen geknipst.
"Bremer kommen immer gut an." Diese hier scheinen die Reise jedenfalls gut überstanden zu haben.
Nicht nur die Hansestadt präsentiert sich trammäßig in Timișoara, auch Karlsruhe ist hier vertreten.
Wir entschließen uns zu einer kleinen Mitfahrt. Karlsruher GT6 von innen.
Wie auch immer. Wir müssen weiter Richtung Transylvanien. Was wir noch nicht ahnten, wir sollten weitere 5 Stunden in einem Desiro verbringen dürfen. Suuuuper. Naja, sei's drum. Immerhin ermöglichte uns diese Reise in kurviger Fahrt wunderschöne Einblicke auf die immer bergiger werdende Landschaft um Deva.
SNCF-TER, maintenant en Roumanie.
Erinnert irgendwie an gute alte SBB-Zeiten.
Sehen Sie nun Bilder aus unserer fünfstündigen Desiro-Reise nach Sibiu.
Deva-Fever.
Bahnhof Orăștie.
Sibot. Erinnert mich irgendie schmerzlich an "Zwobot"...
Führerstand eines CFR-Desiros. Die Knips-Möglichkeit bestand, weil der Lokführer das Abwarten eines verspäteten Gegenzuges für ein Schwätzchen mit dem Bahnhofsvorstand nutzte. Verständlich. Ich würde auch nicht gerne fünf Stunden in diesem Zug si... Moment... Mist!
Desiros Innenleben.
Kaum lesbar, zu Dokumentationszwecken aber dennoch hier dabei, die WC-Hinweise. Amüsierte ich mich bei den MÁV-FLIRTs schon über den Komplettexport des SBB-Designs, sind die CFR-Desiros fleißig mit DB-Innendesign ausgestattet worden. Auch die WC-Hinweise sind zwar auf Rumänisch, die Schrift dürfte jedem DB-Reisenden aber hinreichend bekannt vorkommen.
Es dämmert allmählich. Bahnhof Vintu de Joș... mit welchem die Bilderserie für den heutigen Tag auch geschlossen wird. Schade eigentlich.
Spät des Abends und bereits in tiefster Dunkelheit wähnten wir uns dann inmitten Transylvaniens, wo wir uns durch finstere Gassen in die Altstadt Hermannstadts hocharbeiteten, welche uns am Ende schwer beeindruckte. Eine hell erleuchtete, frisch geschleckt-glänzende Altstadt umringt von herausgeputzten, alten transylvanischen Bauten erwartete uns dort, dominiert von der alles überragenden Stadtpfarrkirche (*kreuzzeichenmach*). Der Status der Kulturhauptstadt 2007 hat zumindest hier am "Großen Ring" seine deutlichen Spuren hinterlassen. In ebendieser Altstadt werden wir auch unser Quartier für die nächsten zwei Tage aufschlagen.
Ebenfalls erstaunlich, an der Rezeption, wie auch an vielen anderen Stellen der Stadt, wird hervorragend Deutsch gesprochen (ja, uns war bewusst, dass hier früher einmal sehr viele deutsche Aussiedler gelebt haben). Um das nochmal aufzurollen, wir waren zum ersten Mal im tiefsten Südosteuropa, bereits gute zwei Reisetage von daheim entfernt (ich zumindest^^) inmitten umgeben von den Bergen Transylvaniens... und wir fühlten uns so wenig weit von Zuhause entfernt, wie noch selten zuvor. Irgendwie... geil!^^
Ein bizarres Gegenbild erwartete uns beim anschließenden Zappen durch das Hermannstädter Kabelnetz (wo nebenbei auch RTL und ProSieben eingespeist werden!)...
Wir sahen Bilder von aufgebrachten Menschen vor dem Regierungsgebäude in Chișinău. Mit Hilfe des Sprachführers und unserer halbwegs vorhandenen Französisch- und Italienischkenntnisse bekamen wir dann letztlich raus, dass dort derzeit ein Volksaufstand gegen die am Sonntag stattgefundenen Wahlen und den daraus angeblich als Sieger hervorgetretenen Kommunisten am Überkochen war. Es stürmten an diesem Dienstag Nachmittag eine aufgebrachte Menge an Demonstranten das dortige Regierungsgebäude, schlugen mit Steinen auf Polizisten ein und steckten den Präsidentenpalast in Brand. 270 Verletzte und sogar eine Tote war denn das vorläufige Endresultat dieser Aufstände.
Relativ fix kamen wir dann zur Übereinkunft, dass es jetzt vielleicht nicht die allerblödeste Idee, wäre den in einer Woche geplanten Tagesausflug lieber fallen zu lassen. Mit einem äußerst absurd-grotesken Gefühl im Bauch - 600 bzw. 1400 km von daheim, und nur 300 km von genanntem Brandherd entfernt - und dem neuen Motto "Warum muss eigentlich jedes Mal, wenn wir eine Reise in ein armes, von Kommunisten geführtes Land unternehmen, irgendeine blutige Revolution stattfinden" im Kopf, gingen wir ins Bett...
Auswertung:
Arad - Timişoara
Och ja... Wiesen, Gras und grün. 2 von 5.
Timişoara - Deva
Eine nette, zunehmend immer hügeliger und schnuckeliger werdende Landschaft. Als es dann so richtig bergig wurde, war's aber leider schon zu dunkel, um noch irgendwas zu erkennen. Wird hoffentlich bei einem nächsten Mal bei Tageslicht nachgeholt.