Wrzl-Blog

Trains, Toons & Rock'n'Roll. And more. And in deutsch. Now. Und jetzt.

31.5.09

.ro-Mania: Tag 1 - Pußtakuchen

Ja, seit mittlerweile einer halben Ewigkeit weile ich wieder in heimischen Gefilden. Mit den täglichen Updates wurde es leider nichts, einerseits wegen nicht immer verfügbarem Internet (nein, die rumänische Infrastruktur ist gut genug, es war eher die mangelnde Verfügbarkeit von WLAN-Netzen Schuld^^), andererseits weil man am Ende eines Tages dann doch so geschafft ist, dass man nur noch ins Bett plumpst. Vor allem, wenn man sich am nächsten Morgen um 5:30 Uhr früh zum Bahnhof schleppen muss, weil die CFR keine besseren Verbindungen hergibt.

Wie auch immer, so nach und nach gibt's jetzt die rumänischen Reiseberichte in gebündelter Form. Und noch vor Weihnachten zu Ende. Versprochen. Ich hoffe, es gefällt. Halbwegs zumindest. ^^.

Nun denn.
Der Hauptgrund dieser wunderbaren Rumänien-Reise waren letztlich Bahn- und Tramstrecken in diesem etwas eigensinnig-verwunschenen Land, speziell auch ein Wiedersehen mit meinen vier tramigen Freunden aus Bern bzw. Basel. Ebenfalls Objekt meiner Begierde waren die Stuttgarter GT4, welchen ich noch bei ihrer Verabschiedung im Dezember 2007 beigewohnt hatte, wovon sich ebenfalls ein gewaltiger Batzen (knappe 100 Stück) in Iaşi befinden. Nachdem sich in Rumänien aber auch noch andernorts "Sehenswürdigkeiten" ähnlicher Art finden (weitere GT4 in Arad, alte Genfer Be 4/4 in Sibiu, Bieler Trolleybusse in Braşov), entwickelte sich daraus eine ordentliche Rundreise durch fast das gesamte Land. Und weil sich in meinem Bekanntenkreis auch noch andere Reise- und Bahnverrückte finden, wurde dieser Trip zusammen mit meinem guten Kollegen Amos Schmid unternommen.

Unsere konkrete Reiseroute:

(Basel - Zürich - Salzburg - [Garching] - Salzburg --> / Graz -->)
Budapest - Arad - Timişoara - Sibiu - Braşov - Bucureşti - Iaşi - Oradea - Budapest - Graz
(--> Venezia - Milano - Brig - Basel)

Während Amos' Reise geographisch bedingt erst Sonntag früh begann, startete ich (einerseits ebenso geographisch, andererseits auch zwischenmenschlich bedingt) bereits am Freitag Mittag in Richtung Osten. Nach einem exakt 24stündigen Abstecher in der bayerischen Metropole Garching ging es Samstag via Salzburg weiter nach Budapest-Keleti, wo ich Sonntag Mittag mit Amos zusammentreffen sollte und letztendlich auch getan habe.

Doch schon vor unserem Treff in Budapest konnte ich interessante Eindrücke sammeln. Schließlich kannte ich Ungarn bisher nur von einem Umstieg in Fertőszentmiklós anno 1999 (Neusiedlersee-Umrundung - der reichlich bedüppelten Reaktion des ROeBB-Schaffners im Zug Neusiedl-Fertőszentmiklós zufolge muss ich wohl der Allererste mit dieser Reiseroute überhaupt gewesen sein) sowie einer letztjährigen sechsstündigen Regionalzugreise von Graz nach Wiener Neustadt über Szombathely.
Begonnen hatte der diesmalige Trip mit den reichlich seltsamen Jingles der automatischen MÁV-Haltestellendurchsagen:

Tóvároskert






Vértesszőlős






Tatabánya







Neben dieser schwermütigen Klangabfolge wurden wir während unserer Transitreise an den Bahnhöfen vor allem mit einem Ansage-Gepiepse terrorisiert, dass punkto Nervigkeit seinesgleichen suchen dürfte. Leider ist mir keine akkustische Aufnahme davon geglückt, jedoch finden sich in den YouTube-Weiten des Internets auch davon Zeugnisse (in diesem Falle von Bahnfreund und DSO-User "Provodnik"):



Einige fotalische Eindrücke:
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Frühmorgens im Burgenland

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Einige herumstehende Postbusse mussten auch noch abgelichtet werden.

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Postbus von innen.

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Hier kaum lesbar, aber trotzdem von historischem Wert. Fahrplanhinweis von Mai 1999 (!!!), dass diese Haltestelle nicht mehr von den Wiesel-Bussen angefahren wird.

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Auch historisch. Irgendwie zumindest: Altes ÖBB-Logo im Auftrag des Steins.

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Ein beruhigender Auftakt zu einer zweiwöchigen Rumänien-Reise. EN aus București ohne Wagen aus București.

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(M)ein Zug gen Osten.

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Letzter ÖBB-Bahnhof. Für die nächsten zwei Wochen werde ich die deutschsprachigen Gefilde definitiv verlassen.

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Grenze!

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Die andersartigen Straßenschilder beweisen es. Ungarn alive.

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Blau und gelb. MÁV-Land. Definitiv.

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Brotbüchse nach Csorna.

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Nochmal in etwas gesamthafterer Form und schlechter "Fensterqualität".^^

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MÁV-Abfahrtsanzeiger in Győr. Erinnert doch stark an die alten ÖBB-Anzeigen. Gott habe sie selig...

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Kaum in Ungarn, schon mein erster Flirt. Von Győr nach Budapest, dafür auch Halt an allen Stationen. Hier von innen.

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MÁV = SBB. Der Flirt ist eine Schweizer Produktion aus dem Hause Stadler. Nicht nur die Toilette entspricht den Pendants bei den Bundesbahnen, sogar die gleichen SBB-Piktogramme hat man den Ungaren mitgegeben.

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MÁV-Haltestelle. Und ja, es halten hier stündlich Züge. Bahnhöfe ohne jegliche Haltetafeln oder Fahrpläne scheinen in Ungarn nicht so ungewöhnlich zu sein. Dies vorweg: In Rumänien sind mir solche Stationen NICHT begegnet!

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Bahnhof. Wenn ich nur nochmal wüsste, welcher... Tatabánya?

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Bicske alsó. Nur der interessanten Aussprache wegen fotografiert.


Im Regional-Bahnhof Budapest-Déli angekommen, scheiterte ich dann erstmals an meinen nicht vorhandenen Ungarisch-Kenntnissen. Trotz des Abgrasens diverser Schalter an diesem Bahnhof war niemand gewillt, mir ein MÁV-Kursbuch zu verkaufen. Frustriert und von der Welt enttäuscht ging es dann auf die M2 Richtung Keleti. Da ich noch etwas Zeit übrig hatte, blieb ich in Keleti gleich bis zur Endstation Örs Veres Ter sitzen, um mit dem nachfolgenden Zug zurück zum Keleti-Bahnhof zu tuckern. Befremdlich wirkten auch die teilweise ausschließlich auf Russisch (!) angeschriebenen Fahrgasthinweise in einzelnen U-Bahn-Wagen...

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MÁV = SBB. DAS ist sehr befremdlich. Die Bahnhofstafel von Budapest-Kelenföld ist 1:1 den neueren SBB-Tafeln nachempfunden. Was geht?? o.O

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Budapest-Déli. Eine eigentliche Flirt-Hochburg.

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Okay. Jetzt hackt's aus!! WO bin ich hier gelandet? Wären nicht diese ungewohnten Buchstabenanordnungen auf den Schildern, würde ich felsenfest behaupten, irgendwo in der Schweiz aufgeschlagen zu sein. Die haben doch tatsächlich 1:1 die ganzen SBB-Piktogramme inkl. Design und Schriftart abgekupfert! DAS IST KRANK!!! MÁV = SBB, aber definitiv!

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Ich sag nix mehr... nur noch ungläubiges Staunen...

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Tra(u)mhafte-Aussicht von Budapest-Déli.

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Eine M2.

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...von innen

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An der Endstelle Örs vezér tere.

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Ungarn-Österreich ist lange her...

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Ah, gibt's auch in ungarischer Ausfertigung.


Zwischenzeitlich war ich in Keleti angekommen und hatte dort noch ein wenig Zeit, einiges Fahrzeuggefleuch vor dem Bahnhof zu fotografieren.

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Ab Keleti ging es dann, wie gesagt, zu zweit mit Amos weiter. Nach kurzem Burger-King-Besuch zogen wir zum für mich bereits dritten Stadtbahnhof Nyugati weiter. Von Budapest nach Szolnok (und dann weiter Richtung România) führen zwei Strecken. 1x über Ujszász (wird von allen Intercity-Zügen benützt) und 1x via Cégled (nur Regional- und Schnellzüge). Natürlich wollte ich nach typischer Lesart beide Strecken befahren, auf der Hinfahrt nun eben über Cégled, dessen Züge aber nur ab Budapest-Nyugati starten.

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Ein Zug mit Wagen aus Graz.^^

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Es sind ja schon die Zugnamen der ÖBB oft bescheuert genug ("Unser soziales Österreich", "Erlebnis Demokratie" oder "Hitradio Ö3"), aber die MÁV setzt dem ganzen mit untersten Zug auf der Anzeige noch eine klischeehafte Krone auf, dass die Schwarte kracht.^^

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Stimpy war hier. Grüße ans NICK-Forum.

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Die wohl bescheuertste und unnötigste Zugsignalanzeige ever.^^
Und ich hab extra nachgesehen: Nein, es ist keine Grün-Anzeigemöglichkeit darunter angebracht.

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MÁV-Regionalzug von innen.

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Amos unterbelichtet, aber mit Nyugati dahinter.

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Unscharf, aber musste mit rein.

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Falls jemand sagen kann, was es in Budapest mit all den zu Boden schlielenden Satellitenschüsseln auf sich hat, bitte melden!

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Kein Zugklo in Zugló.


Nächster Umstiegspunkt war Szolnok, die Perle Zentralungarns. Noch selten hatten wir derartige Plattenbaukunst auf solch konzentriertem Raum in Reinkultur gesehen, wie hier.

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Kurze Zeit und gefühlten 250 MÁV-Piepsereien später trudelte unser Intercity Cörös/Kriş (zu deutsch nennt sich der Fluss übrigens "Kreisch"!) ein, der uns endgültig ins gelobte Rumänien bringen sollte.
Mit jedem Halt leerte sich der Zug weiter. Immerhin wurden unsere Vermutungen nicht ganz erfüllt, und es befanden sich am Grenzbahnhof Lököshaza immer noch einige Reisende im Zug. Die Spannung stieg für uns ins Unermessliche, war es doch unsere erste Reise in dieses von vielen, bösen Klischees übertünchte Land. Was würde uns erwarten? Würden wir überfallen, von Dracula gebissen werden oder gar einen Kochlöffel in unsere Hinterteile gesteckt bekommen?

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Der Zug fuhr ab, mit ordentlichem Speed näherten wir uns der Grenze. Plötzlich senkten wir aprupt unsere Geschwindigkeit... was war denn jetzt los? Oh! Auf der rechten Seite zog ein Grenzschild an uns vorbei! Wir waren da! ROMÂNIA! Die Fahrt wurde langsamer, das Gleis spürbar rumpeliger, die Zeitzone merklich um eine Stunde verschobener. Gemütlich zuckelten wir nach Curtici, von wo aus es nach 20minütigem Aufenthalt vorbei an Wiesen, Feldern und Übertrichtern (dazu später *g*) nach Arad weiter ging.

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CURTICI!!!! WAAAAAHHHHHH!!!! *KÖRÖS / CRIS / KREISCH*

Nach einigen Verwirrlichkeiten über rumänische Ticketautomaten (nebenbei außer in Sibiu und den Metro-Stationen in Bukarest die einzigen, die wir auf unserer gesamten Reise antreffen würden) zuckelten wir mit alten deutschen Trams im fotografisch untauglichen Schummerlicht zu unserer Unterkunft, die wir die nächsten zwei Tage bewohnen würden. Darauf erst mal... A Radler! Prost! (was man in Rumänien übrigens nicht sagen sollte, da es hier "Dummkopf" bedeutet)


Streckenbewertung:

Wien Südbf - Hegyeshalom - Györ - Budapest-Déli:
Bis Györ reichlich flach und öde, wenngleich wir in Ödenburg erst 2 Wochen danach vorbeigekommen waren. Ab Györ entlang der slowakischen Grenze (ist mir erst im Nachhinein eingefallen) etwas hügeliger und abwechslungsreicher. 2 von 5 Punkten.

Budapest-Nyugati - Cégled - Szolnok:
Spaß mit Platten, auf die Dauer relativ dröge. Auch 2 von 5.

Szolnok - Curtici - Arad
Das Gleiche wie zuvor, nur mit praktisch gar keiner Bebauung mehr. Alles schon gesehen. Immerhin, das erste rumänische Verkehrsschild nach der Grenze (ein Bahnübergang) vermittelt einen gewissen Hauch von Ferne und Exotik. 1 von 5.

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