Harte Zeiten für die Allerwertesten Basler Fahrgäste
Ab 2013 geht es Gummikühen und Düwags in Basel endgültig an den Kragen. Denn dann sollen nach langem Hin und Her die neuen Flexity-Tramwagen für die Basler Verkehrs-Betriebe (BVB) eintreffen. Sie ersetzen die teils fast fünfzigjährigen (aber nach meinem Empfinden immer noch wunderschönen) Vier- und Sechachser. Nimmt man einerseits Abschied von diesen Veteranen, so kehrt man mit den neuen Fahrzeugen wahrscheinlich zu noch älteren Tugenden zurück: Holzsitze!
Vom 5. bis 23. März 2012 führten die BVB einen Sitztest durch um die Meinung der Fahrgäste einzuholen, ob diese fortan lieber auf Baum oder lieber auf... hm, aus welchen Lebewesen werden eigentlich Stoffsitzbezüge gewonnen? Äh... ja,... sitzen wollen. Dafür wurden im hinteren Teil von Combino Nr. 302 die Stoffsitze ausgebaut und durch Eichenholz-Sitze ersetzt.
Am allerletzten Tag hatte ich nun auch die Gelegenheit, mitzufahren.
Zugegeben, stylish sehen die Sitze ja schon aus. Laut BVB hat man auch Rücksicht auf eine ergonomische Sitzform genommen, welche gegenüber den damaligen Sitzen stark verbessert wurde. Aber obwohl die Sitze im "schwebenden" Zwischenmodul des Combinos eingebaut waren, wo man bei Gleisstößen im Fahrzeuginneren weniger stark durchgeschüttelt wird, wurden meine Hinterbacken durch die Erschütterungen ausführlich penetriert. Ich bin zwar tatsächlich anders gesessen als auf den "guten alten Stoffsitzen", aber sicher nicht bequemer.
Laut eines Berichts der Basler Zeitung spricht sich eine Mehrheit der Passagiere für Holzsitze aus. Interessanterweise kenne ich in meinem Bekanntenkreis, vom ÖV-Spezi bis zum unerfahrenen Gelegenheitsbenutzer keine einzige Person, welche sich für eine Abwendung von den Stoffsitzen erwärmen kann.
Ich persönlich fand Basler Tramsitze ohnehin noch nie wirklich bequem. Andere Betriebe wie z.B. in Karlsruhe oder Essen zeig(t)en mir in ihren älteren Düwag-Trams, wie bequem Straßenbahn-Sitzpolster wirklich sein können. Aber immerhin habe ich jetzt noch einen weiteren Grund, mich auf die Ablieferung der neuen Flexity-Trams noch weniger freuen zu können. Jedoch frage ich mich, ob man sich im Zuge der bevorstehenden Netzerweiterungen in den nächsten Jahren und den daraus resultierenden längeren Fahrzeiten wirklich einen Gefallen tut.
Immer wieder ins Feld geführt wurde auch die höhere Hygiene und einfachere Reinigung von Holzsitzen. Besonders in diesem Punkt scheint die Basler Bevölkerung bei den Umfragen in geradezup paranoider Art und Weise gefolgt zu sein. Nun mag es sein, dass eine glatte Holzoberfläche einfacher zu reinigen ist (ich frage mich umgekehrt, wie man anderen Späßen, wie z.B. Sitze ritzen zuvorkommen will), andererseits wäre mir auch nicht bekannt, dass sich Herr und Frau Basler in den letzten 50 Jahren auch nur einen kleinen Gesäßschnupfen eingefangen hätten, weil irgendwelche Pollen vom Vorsitzer durch ihre Schlüpfer gelangt wären.
Nun läuft wohl alles darauf hinaus, dass ich meine Fahrten auf der dannzumal neu eröffneten Linie 8 nach Weil am Rhein wohl auf rustikalem, klinisch reinen Holz unternehmen darf. Meinen Geschmack trifft es nicht, aber ich bin ja auch sonderbar™.
Auf ein hübsches Bild, wo der Combino auch von vorne gezeigt wird, muss hier leider verzichtet werden. Der Wagenführer stutzte mich in einigermaßen gehässiger Manier zurecht, dass ich das gemachte Bild wieder löschen solle, da es "verboten sei, ihn zu fotografieren"... (daher eben nur ein Nachschuss)
Im Übrigen: Die letzte Linie, welche voraussichtlich auf Flexitys umgestellt wird, dürfte die Linie 15/16 sein. Ironischerweise führen diese geradeweg ins... Bruderholz!
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