Wrzl-Blog

Trains, Toons & Rock'n'Roll. And more. And in deutsch. Now. Und jetzt.

23.4.14

Radiotipp: Dada und Wortspiele in Höchstform "Vo 7 bis Flink" (SRF Virus)



"Die verdrehten Stachbuam", "Guetschacht-Gnichtli", "Buchtanz" oder Geschichten vom "Bünzliweg 0815". So heißen einige der Rubriken (auch "Spartaküsse" genannt), der wohl durchgeknalltesten Radiosendung der Schweiz, "Vo 7 bis Flink" auf SRF Virus. Rapper Seven und sein Kompagnon Flink zünden in ihrer Show Wortwitzfeuerwerke, Nonsens-Jokes und andere Sinnfreiheiten. Im "Bünzliweg 0815" werden die spießigen Gewohnheiten von Herrn und Frau Schweizer durchleuchtet, die "Verdrehten Stachbuam" (Gerüchten zufolge Österreicher - kann ich selber nicht zu 100% bestätigen...) erzählen sich in kunstvoller Manier und wild durcheinandergewürftelten Buchstabenverdrehern Geschichten von Gott und der Welt - etwas, was auch "Jochen & Helmut" tun, dies aber Hochdeutscher mit krampfhafter Note zum "Schwitzertütsch". "Laval und Ampe" nennen sich zwei dauerbekiffte WG-Bewohner, die in ihrer benebelten Welt zu philosophischen Höhenflügen und das "Guetschacht-Gnichtli" bringt die verdutzten und verwunderten Hörer buchstabenverdrehend zu Bett.
Zugegeben, Nicht-Schweizerdeutsch-Versteher werden bisweilen Mühe haben, diesem ganzen Wahnsinn folgen zu können, aber immerhin die Rubrik "Buchtanz" wird in Standarddeutsch abgehalten, schließlich handelt es sich hier um ein gehobenes Kulturmagazin.

Bild: © SRF

Seit Mitte März 2014 werden 7 & Flink leider nicht mehr als kompakt-montägliche 1-Stunden-Sendung ausgestrahlt, sondern deren Beiträge begleitend ins laufende Virus-Programm eingestreut.
Zum Glück bietet Virus diese Beiträge aber immerhin auf seiner Internetseite an. Jedem Freund von dadaistischem Wortspielhumor, der dazu vielleicht noch einigermaßen dem Schweizerdeutschen mächtig ist, empfehle ich ein Reinlauschen^^:

http://www.virus.ch/Artikel/Stuss-mit-Stil (weitere Beiträge sind weiter unten bei "Ähnliche Artikel" zu finden)

(und ansonsten kann - wie gesagt - der "Buchtanz" auch von allen anderen Anhängern der deutschsprachigen Glaubensrichtung verstanden werden *ggg*)

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18.4.14

Wrzl reist: Ein bisschen BiH schadet nie

Es reicht. 11 Monate Pause hier müssen genügen. Deswegen schreibe ich wieder mal was. Und ich zeige was. Von Bosnien. Und von letzter Woche.


In der Woche vom 6.-13.4. organisierte der britische Bahnreiseveranstalter PTG eine Sonderfahrt kreuz und quer durch Kroatien, Bosnien und Serbien. Für 2 Tage schloss ich mich dieser illustren Gruppe an und konnte dadurch einige der leider zahlreichen eingestellten Bahnstrecken Bosnien-Herzegowinas bereisen. Und ich lernte, dass mein Begriff des "Streckensammlers" im britischen hochoffiziell "track basher" genannt wird. I like.^^

Komplettes Album inklusive Textbericht bei Google+

Die lange Anreise nach Bosnien startete in Zürich. Aus Zeit- und Streckenerkundunsgründen^^ sollte es diesmal in beiden Fällen per Bus Richtung Balkan und zurück gehen. Die Hinfahrt absolvierte ich mit einem Bus des Anbieters Kantić. Deren Busse waren mir bei mehreren Besichtigungen des Carparkplatzes Sihlquai - letzten Frühling, als in D die Fernbus-Euphorie ausbrach - immer wieder aufgefallen. Daneben ist es der einzige Anbieter, der die Achse Schweiz - Bosnien täglich bedient. Allerdings auch einer, dessen beide Fahrer kein Wort deutsch sprachen und ich mich mit Hilfe anderer Mitreisender in Zürich verständlich machen musste, dass ich tatsächlich nach Tuzla mitfahren wollte...
Auch sonst kommt man sich als einziger nur-deutsch-sprechender in einem Bus voller Bosniaken ziemlich exotisch vor.^^

Warten an Kunstgrenzen
Hinter Milano war ich dann des Nachtens eingeschlafen und hatte auch Slowenien fleißig verpennt, ehe wir am Grenzübergang Obrežje/Bregana gegen 5 Uhr früh aus dem Bus geworfen wurden. Passkontrolle! Weil Schengen-Außengrenze. (ich verfluche die ganzen, seit dem Zerfall Jugoslawiens entstandenen "Kunstgrenzen").
Alle mussten wir erst am slowenischen Grenzhäuschen vorbei, anschließend am kroatischen, zwecks Passherzeigung. Tatsächlich kann ich mir sehr viel angenehmeres vorstellen, als in dunkelster Finsterheit geweckt zu werden und draußen in der Kälte zu warten, bis alle Passagiere kontrolliert wurden und wir nach 20 Minuten endlich wieder in den Bus durften. Wenn ich mir vorstelle, dass hier in wenigen Wochen auch 3x täglich der IC-Bus der DB von München nach Zagreb hier vorbeikommen wird (davon auch je 1x nachts), werden hier noch viele Fahrgäste ihre Freude haben. Ich für meinen Teil bevorZUGe *muhaha* da doch die bequeme Passkontrolle im fahrenden Zug zwischen Dobova und Zagreb.

Irgendwann ging's bei Slavonski- und danach Bosanski Šamac nach Bosnien hinein. Nochmal alle aus dem Bus zur Passkontrolle. Immerhin waren da auch die Temperaturen schon etwas angestiegen und die Draußenwarterei ein wenig erträglicher...
Kurz darauf wurden dann Fahrgäste in Richtung Sarajevo am Busbahnhof von Bosanski Šamac auf einen anderen Bus umgeladen. Ich durfte in meinem aus Zürich kommenden Bus sitzen bleiben.



Ankunft in Tuzla. Etwas verwirrend war, dass der Bus nicht am Busbahnhof (gleich neben dem Bahnhof) ankam, sondern an einem Abstellplatz ca. 5 Fußminuten westlich des Busbahnhofs. Ca. 15 Minuten Richtung Stadt spazierend erreichte ich meine Absteige für die nächsten beiden Tage. Die Pansion Kipovi. Sehr nett und ziemlich genau zwischen Bahnhof und Stadtzentrum gelegen (jeweils ungefähr 10-15 Fußminuten). Kein 5-Sterne-Hotel, aber gemütlich, zweckmäßig und mit balkanisch-herzlichem (im positiven Sinn) Gastwirt.^^



Später am Nachmittag machte ich mich nochmal Richtung Bahnhof Tuzla auf. Eine derartige Bahntristesse habe ich zugegeben selten erlebt. Der Bahnhof ist von außen äußerst unscheinbar und eigentlich nur über einen Seiteneingang im Osten vernünftig zugänglich.



Auf meinen Wegen von und zum Bahnhof kreuzten jede Menge alte Connexxion-Busse aus den Niederlanden sowie Postbusse aus Österreich meinen Weg.


Zurück spazierte ich dann Richtung Zentrum, welches recht hübsch herausgeputzt wurde...


Zugeinfangung in Vinkovci
Am nächsten Tag stand dann der PTG-Sonderzug auf dem Programm.
Eigentlich hätte ich am Morgen schon der Sonderfahrt auf der für den Personenverkehr nie in Betrieb genommenen Strecke nach Zvornik beiwohnen wollen. Leider gab's ein (selbstverschuldetes) Missverständnis zwischen mir und PTG, womit der Zug bereits abgefahren war, als ich im Bahnhof Tuzla eintraf. Um immerhin noch die Rückfahrt von Vinkovci nach Tuzla mitnehmen zu können, pilgerte ich am Mittag mit einem Fernbus nach Zagreb bis Županja (HR) und von dort aus per Taxi nach Vinkovci.



Unser Sonderzug traf mit über einer Stunde Verspätung in Vinkovci ein.
Davor hatte ich noch ein interessantes Schwätzchen mit einem jungen Bahnhofsaufseher auf englisch. Er erzählte mir ein wenig über aktuelle Vorgänge bei der kroatischen Bahn HŽ, etwa wie er es auch bedauere, dass der Infrastrukturzustand immer schlechter werde und sich der derzeitige Chef des Personenverkehrs einen "Scheißdreck" um das Bahnangebot kümmern würde. Auf meinen Einwand, dass immerhin auf Fahrplanwechsel im Dezember wieder einige grenzüberschreitende Verbindungen Richtung Bosnien, Ungarn und Serbien eingeführt werden sollen, meinte er nur, er glaube nicht daran.
Und ich lernte, dass die Slowenen bei den Kroaten als äußerst pedantisch gelten und jeden noch so kleinen Verstoß gegen irgendwelche Vorschriften gleich mit Androhung von Geldbußen belegt würden. Hingegen hätte man mit Serben und Bosniaken heute eigentlich wenig Probleme, es wären vor allem Politiker, die irgendwelche Hassfeuer immer wieder von neuem anstacheln würden. Eine Aussage, die ich im Dezember 2012 auch von jungen Bosniaken schon so gehört habe.



Im Abendlicht passiert unser Zug den Grenzbahnhof Drenovci...


...und ankunftet in Brčko, von wo aus er in Dunkelheit weiter nach Tuzla (zurück) fährt. "Zum Glück" habe ich die Landschaft in den letzten zwei Tagen bereits zwei Mal per Bus gesehen, weswegen sich mein Gram über die bereits eingetroffene Dunkelheit in Grenzen hält.


Ba(h)novići
Am dritten Tag ging es bei nicht mehr ganz so herrlichem Wetter in den Südwesten, es wurde die Strecke Richtung Banovići inklusive dort anschließender Kohlebahn (760mm-Schmalspurbahn) befahren...


Zwischen Banovići und Turija existiert eine immer noch in fleißigem Doppelspurbetrieb befindliche Kohlebahn. Wir hatten im Rahmen unserer PTG-Reise die exklusive Möglichkeit, auf einigen "Freiluftwagen" sitzend, diese Strecke (wenngleich bei ströhmendstem Regen) zu befahren.




Da ich bis auf die Knochen völlig durchnässt war, verzichtete ich nach Ankunft in Turija auf irgendwelche Bilder dort und machte mich sogleich in einen dunklen - ebenfalls mitgeführten - Güterwagen. Als einzige Sichtmöglichkeit nach außen bot sich ein vergittertes Freiluftfensterchen, das ich mir geschnappt hatte und mich nach Kräften einige Bildchen schießen ließ. Ansonsten hatte die Rückreise doch einigen Deportationscharakter, so wie wir in diesem Wägelchen zusammengepfercht waren... Zurück ging es nach Bosanska Poljana und weiter Richtung Doboj.


Auf dem Weg dorthin gab es einen längeren Zwischenhalt in Petrovo Novo, wo uns einer der raren regulären Personenzüge im bosnischen Netz begegnete.


In Doboj ("Grenzbahnhof" zwischen Bosnischer Föderation und der Republika Srpska) hatte ich eigentlich vor, mich während des Lokwechsels ein wenig den gastronomischem Angebot am Bahnhof zu widmen. Stattdessen nahm ich mir die Zeit für diverse Bilder...^^

















Weiter ging es entlang der Bosna in Richtung Sarajevo.


In Doboj...


Weiter der Bosna lang...






Auf Gummis Rappen heimwärts
Am nächsten Tag ging es bereits wieder Richtung Heimat, da am diesen Tag darauffolgend-nächsten das Büro nach mir schreien sollte.
Sehr verheißungsvoll war dann diese praktisch perfekt auf mich zugeschnittene Buslinie von Mostar nach Basel, betrieben von BiHTours ( http://www.expressbus.ch/de/fahrplan-a-preise/bosnien-herzegowina/basel-mostar ), die früh des Morgens um 5 Uhr in Sarajevo abfahren und gegen 21 Uhr in Basel ankunften™ sollte. So war es mir erlaubt, meine mehrheitlich in Dunkelheit zurückgelegte Hinfahrt nach Bosnien auch mal bei Tageslicht zu erleben.

Während erst mal die Erlangung eines gültigen Bustickets eine regelrechte Herausforderung war (unter ExpressBus.ch ließen sich seit Ende März keine Fahrten mehr buchen, nach einigem Recherchieren und herummailen konnte ich direkt über den Betreiber einen Platz reservieren lassen und das Ticket dann im Bus bezahlen), war diese Rückfahrt auch sehr... nun ja... balkanisch.

Etwas erstaunt war ich etwa, wie da um 5 Uhr früh am geplanten Bussteig am Busbahnhof Sarajevo nur ein Minibus mit Luzerner Kennzeichen auftauchte. "Nun gut", dachte ich mir, nachdem auch einige andere Fahrgäste mit einschlägigen Migros- und Denner-Tüten das Gefährt bestiegen, "wird wohl so stimmen". Jedoch sollte nicht die gesamte Fahrt bis Basel in diesem Kleinbus stattfinden. Nördlich von Zenica wurden wir dann zum Aussteigen aufgerufen, 15 Minuten später kam dann der reguläre Bus. Zum Glück war zwischenzeitlich auch ein deutsch sprechender Fahrer von BiHTours mit an Bord. Ohne diesen hätte ich mich dann doch etwas aufgeschmissen gefühlt. Nachfolgend noch einige Eindrücke der landschaftlich zumindest in Slowenien auch vom Busfenster aus sehr reizvollen Strecke...



In der Region rund um Derventa zeigen sich immer noch Spuren des Krieges. Während an vielen Orten Bosnien hauptsächlich noch Minen-Warnschilder auf die Vorgänge in den 90ern hinweisen, stehen hier noch jede Menge Bauruinen und zerstörte (oder nie fertiggestellte?) Häuser in der Gegend herum.


Slavonski Brod, Sava, Bosanski Brod (v.l.n.r.):




Slowenien... Die Landschaft und die Häuser wirken hier... unglaublich österreichisch. Ich wähne mich irgendwo in der Steiermark.


Nach Ljubljana wird's waldiger...


Allerorten hier in Slowenien sind noch Spuren der Eiskatastrophe des Winters 2013/14 zu sehen. Abrasierte Waldstücke, herumliegendes Gehölz... besonders eindrücklich ist dies rund um die Gegend von Postojna.






Die Landschaft ist wieder flach geworden, und wer sich nun am Arsch der Welt wähnt, hat Recht. Po-Ebene nahe Trieste...




Zwischenhalt in ähm... irgendwo zwischen Trieste und Venezia. Unser Bus entstammte offensichtlich ursprünglich einem deutschen Reisebusunternehmen. Einige seitliche Aufkleber beim Fahrerplatz zeugen jedenfalls davon.








Halb acht abends, kurz vor Milano wird das Licht allmählich unbrauchbar. In Milano selbst geraten wir dann ins allabendliche Stoßzeitengewusel, bevor wir dann gegen 20:30 Uhr weiter Richtung Chiasso donnern. Um 23 Uhr trifft unser Bus dann in Luzern ein, wo ich dann erfahre, dass wir erneut umsteigen müssen. *hmpf*
Und hier wird es noch balkanischer, ich und ein weiterer Reisender werden nämlich per Privat-PKW noch nach Basel weiterbefördert. ô.O
Gegen 1 Uhr (also mit 4 Stunden Verspätung - dank der dauernden Pausen) treffe ich dann hinter dem Bahnhof SBB ein, das letzte Tram ist gefahren, ich darf die letzten 2 km inkl. meinem Großeinkauf aus Sarajevo zu Fuß zurück legen. Nun denn...

Dennoch - die Reise hat sich gelohnt. Wäre ich noch einen Tag länger bei der illustren PTG-Reisegruppe dabei gewesen, wäre auch die Linie Sarajevo - Ploče noch dabei gewesen. Drei Tage später erfahre ich nämlich, dass der Personenverkehr auf der kroatischen Seite in zwei Wochen (am 24.4.) komplett eingestellt werden soll. Mist. Hoffen wir, dass es auch in Zukunft noch eine Möglichkeit gibt, auch diese (landschaftlich wohl ebenfalls traumhafte) Strecke zu befahren.

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